Einführung
Imran Hussein: Bismillah, inna alhamdulillah, wa salatu wa salam ala rasulillah. Assalamu’aleyykum wa rahmatullah, Brüder.
Aus dem Studentenkreis: Wa aleyykumu salam wa rahmatullahi wa barakatuhu.
Imran Hussein: Jazakallahu khayr, dass ihr gekommen seid. Es ist ein bisschen früh am Morgen, aber wir werden das schon hinbekommen, inshaAllah.
Wir werden vielleicht zwei oder drei Sitzungen hier im Büro abhalten, um einige wichtige Themen durchzugehen, die uns helfen werden, wenn wir später mit den Menschen in Kontakt treten. Danach könnten wir auch mal zu „Speakers’ Corner“ gehen. Aber denkt daran: Dort ist es nicht das gleiche wie regluäre „Street Dawa“. Die Dawa in Speakers’ Corner hat einen eigenen Kontext, eigene Regeln und eine eigene Struktur. Auch das werden wir besprechen.
In diesen Sitzungen werden wir uns vor allem mit allgemeiner Dawa befassen: Wie spricht man mit den Menschen? Wie macht man sie mit Allah, dem Propheten ﷺ, dem Qur’an und den Beweisen der Offenbarung bekannt? Vielleicht habt ihr schon einige dieser Dinge mit Hijab behandelt. Falls ja, lasst es mich wissen. Falls nicht, wird es eine solide Wiederholung für uns alle sein.
Wir werden die Sitzung interaktiv gestalten, d. h. ich werde euch viele Fragen stellen, und wenn ihr Fragen habt, stellt sie einfach während der Veranstaltung.
Fallstricke in der Dawa
Das Erste, was man verstehen muss, wenn es um irgendeine Dawa-Aktivität geht, ist ihr Ausmaß. Es mag aufregend und unterhaltsam scheinen – besonders, wenn man seine Lieblings-Du’aat oder liebsten islamischen Influencer so sieht.
Wenn du diese Brüder siehst und dich in der Dawa einbringen willst, ist es ganz leicht, dass man begeistert wird und sich denkt: „Das ist es! Ich habe meine Bestimmung gefunden – ich will in die Fußstapfen der Propheten treten!“ Und ja, es kann deinem Leben einen Sinn und Antrieb geben, es kann dieser Funke in deinem Leben sein. So war es auch bei uns, als wir in die Dawa kamen. Wir dachten, es wird großartig und aufregend werden. Aber die Realität sieht anders aus.
Wenn man sich in der Dawa engagiert, erkennt man, dass es eine große Verantwortung ist – selbst auch nur in geringem Maßstab. Zu versuchen, den Weg der Propheten zu gehen – das ist kein Scherz. Es ist nicht immer angenehm und läuft nicht immer so, wie man es erwartet.
Ein Beispiel: Als ich vor etwa 11 Jahren mit der Dawa begann, ging ich zur West Ealing Moschee, wo es damals ein Dawa-Team gab. Ich hatte alle Argumente auswendig gelernt und war fest davon überzeugt: „Ich bin bereit! Ich werde mit den Leuten sprechen, sie werden die Shahada sagen, und alles wird großartig!“ Doch an meinem ersten Tag wurde ich etwa 12-mal abgewiesen. Die Leute nahmen das Material, zerknüllten es und warfen es zurück, beleidigten und verspotteten uns. Heute passiert das nur noch selten, aber damals war das die Realität.
Ich dachte damals: „Ich präsentiere doch all diese logischen Argumente, aber die Leute lachen nur und sehen mich von oben herab an, als ob sie denken: ‚Wo kommt denn dieser Typ her?‘, als würden sie mich verspotten.“ Diese Erfahrung hat mich wirklich zurückgeworfen. Wenn man mit falschen Erwartungen in die Dawa geht, könnte man nach solchen Erlebnissen einfach aufgeben und sagen: „Das ist nichts für mich.“
Es ist daher wichtig, realistische Erwartungen zu haben, wenn man in die Dawa geht. Es spielt keine Rolle, wie viele Argumente man kennt oder wie intelligent man ist – es wird nicht immer so laufen, wie man es sich vorstellt. Denkt daran: In der Dawa gibt es auch einen spirituellen Aspekt. Ich habe Brüder gesehen, die kaum Englisch sprachen und keine Argumente über die Existenz Gottes kannten – und trotzdem haben viele Menschen bei ihnen die Shahada gesagt. Andere, die alle Argumente kannten, erzielten keine Shahadas. Warum? Weil es hier Dinge gibt, die über das hinausgehen, was in diesem Moment geschieht. Behaltet also im Hinterkopf, dass es nicht immer nach Plan laufen wird, es wird manchmal schwierig sein.
Und vergesst nicht: Wer ist unser größter Feind?
Ein Student: Shaytan.
Imran Hussein: Der Shaytan, richtig. Und wenn ihr jetzt darüber nachdenkt: Wen wird er stärker angreifen – einen „normalen“ Muslim oder jemanden, der Dawa macht? Natürlich, es geht nicht darum, dass er nicht genug „Soldaten“ hat, aber wenn er sich entscheiden müsste, wer wäre dann sein Hauptziel?
Ein Student: Derjenige, der Dawa macht. Weil er Einfluss hat.
Imran Hussein: Genau. Was denkt ihr, was noch die Gründe sein könnten? Warum sollte er sich gerade jemanden vornehmen, der in der Dawa aktiv ist?
Ein Student: Um zu verhindern, dass sich der Islam weiter ausbreitet.
Imran Hussein: Ja, das ist sein grundlegendes Ziel: die Menschen von Allah abzuwenden. Was noch?
Ein Student: Um die Menschen in die Irre zu führen.
Imran Hussein: Okay, aber warum gerade jemanden in der Dawa ins Visier nehmen?
Ein Student: Ich denke, dass, wenn jemand, der als „Kenner“ in der Dawa-Szene gilt, anfängt, an etwas zu zweifeln, sich dies auf andere Dawah-Träger ausbreiten könnte. Das könnte einen Schneeballeffekt auslösen und mehr Schaden anrichten als bei einem einzelnen Muslim.
Imran Hussein: Ja, das ist eine sehr kalkulierte Denkweise. Man nimmt diese Person und kann durch sie viele andere beeinflussen. Welche anderen Gründe gibt es noch?
Ein Student: Wenn du einen Da’i korrumpierst, dann erscheint es den Laien oder der breiten Bevölkerung so, als würdest du den Islam widerlegen, weil diese Person, die doch so viel über den Islam wusste, sich abwendet.
Imran Hussein: Genau. Man würde sich dann fragen: „Er war doch so gebildet, wusste so viel über seine Religion und wendet sich jetzt ab?“ Solche Gedanken entstehen. Und es ist auch wichtig zu verstehen, dass der Shaytan sich bis zum Tag des Jüngsten Gerichts geschworen hat, die Menschen vom rechten Weg abzubringen.
Wenn du in der Dawa aktiv bist, trittst du im Wesentlichen in die Fußstapfen der Propheten, deren Ziel es war, die Menschen mit Allahs Erlaubnis auf den rechten Weg zu führen. Deine Tätigkeit steht im völligen Gegensatz zu dem, was der Shaytan anstrebt. Wenn er „klar bei Verstand“ ist, wird er dich angreifen, weil durch dich viele Menschen zu Allah finden könnten. Wenn er es schafft, dich auszuschalten, wird er verhindern, dass diese Menschen zum Islam finden. Natürlich können sie immer noch auf andere Weise zum Islam kommen, aber du würdest verlieren, weil du die Gelegenheit verpasst hättest. Du wirst also zu 100 % das Hauptziel sein.
Das führt uns zum nächsten Punkt: Wenn ihr euch in die Dawa einbringen wollt, wie glaubt ihr, wird der Shaytan versuchen, euch zu kriegen?
Ein Student: Durch das Ego.
Ein anderer Student: Du erzielst Shahadas, du bekommst Anerkennung.
Imran Hussein: Lasst uns einen Moment über das Ego nachdenken. Was ist das Ego?
Ein Student: Es ist eine Illusion in der Denkweise. Das Ego sagt dir, dass du etwas bist, was du nicht bist.
Imran Hussein: Das Ego redet dir also ein, dass du etwas bist, was du nicht bist? Okay, aber was können wir noch über das Ego sagen? Was ist dieses „Ego“ und wonach verlangt es?
Ein Student: Es ist dein rohes, ungefiltertes Selbst.
Imran Hussein: Das könnte man so sagen, ja. Es ist dieses „Ich“ – dieses Selbstbewusstsein, auf das du dich beziehst. Das Ego ist ein Teil dessen. Was können wir noch über das Ego sagen? Was gefällt ihm?
Ein Student: Lob.
Imran Hussein: Genau, Lob. Anerkennung. Was noch?
Ein Student: Stolz.
Ein anderer Student: Es braucht Streicheleinheiten.
Ein weiterer Student: Meiner Erfahrung nach passiert das in der Regel bei Menschen, die nicht wirklich das sind, was sie zu sein glauben. Das Ego wird nur durch Lob genährt, wenn man tief im Inneren weiß, dass man nicht wirklich lobenswert ist. Es gibt einen Unterschied zwischen lobenswert sein und gelobt werden. Verstehst du, was ich meine?
Imran Hussein: Das ist sehr tiefgründig.
Derselbe Student: Denn wenn du weißt, dass du lobenswert bist, brauchst du nicht gelobt zu werden. Menschen haben ihr Leben für andere gegeben, ohne dafür Anerkennung zu erhalten, und sie haben es trotzdem getan, weil sie wussten, dass es eine sehr lobenswerte Tat war. Deshalb meinte ich vorhin, dass das Ego eine Illusion ist.
Imran Hussein: Und eine solche Person tut es nicht für sich selbst – sie tut es für einen höheren Zweck.
Derselbe Student: Eben.
Imran Hussein: Wenn wir nun auf das Jahr 2024 blicken, gab es in den letzten 15 Jahren eine Entwicklung in der Dawa. Was wir hier besprechen, soll euch helfen, die gleichen Fallen zu vermeiden, in die viele von uns in der Vergangenheit getappt sind.
Vor etwa 10 bis 15 Jahren war Da’wah in den sozialen Medien noch kaum präsent – es gab keine YouTube-Kanäle oder Online-Videos, die sich damit beschäftigten. Heute jedoch findet die gesamte Da’wah größtenteils online statt. Man könnte argumentieren, dass dies in gewisser Weise notwendig ist, da sich das „Schlachtfeld“ nun im digitalen Raum befindet. Und zweifellos gibt es starke Argumente dafür, und ich stimme dem zu. Es handelt sich um einen intellektuellen Kampf auf globaler Ebene, der durch das Aufkommen des Internets möglich wurde. Daher müssen wir soziale Medien nutzen. Doch dabei besteht die Gefahr, in die Falle des Egos zu tappen – Lob, Bestätigung, das Streicheln des Egos, der Wunsch und das Gefallen daran, dass Menschen zu einem aufschauen und einem Komplimente machen. Genau das sind die Dinge, die wir vermeiden wollen, denn genau an dieser Stelle wird Shaytan dich ins Visier nehmen.
Darüber hinaus müssen wir uns nicht in endlosen Diskussionen über Algorithmen verstricken, sondern einfach verstehen, dass soziale Medienplattformen so gestaltet sind, dass sie dich gezielt anziehen. Sie belohnen dich, wenn du bestimmte Arten von Inhalten teilst. Sie ködern dich, und sobald du den Geschmack dieser Bestätigung gekostet hast, willst du immer mehr davon.
Ich möchte nicht behaupten, dass das jeder so erlebt. Aber ich habe Brüder gesehen, die genau diese Erfahrung gemacht haben. Sie luden Videos und Inhalte hoch, die nur wenige Aufrufe erhielten. Und wir wissen: Es sollte nicht um die Klickzahlen gehen, oder? Es sollte nicht um die Aufrufe gehen, solange du das Richtige tust – und darauf werden wir später noch eingehen. Jedenfalls luden sie eines Tages ein Video hoch, und plötzlich bekam es Tausende von Klicks. Sie dachten sich: „Was ist da passiert?“ Ihre anderen Videos hatten „nur“ 500 bis 600 Aufrufe, aber dieses eine erreichte plötzlich 50.000 oder mehr. Und genau das beeinflusste ihr Verhalten. Sie dachten: „Ich muss mehr von diesem Inhalt produzieren.“ Sie versuchten es erneut und sahen, dass es funktionierte: mehr Klicks, mehr Abonnenten. Bald ging es nicht mehr darum, was der Dawa dient, sondern darum, wie sie weiterhin diese Aufrufe generieren konnten.
Und dann kommt Shaytan ins Spiel und versucht, dir das Ganze schönzureden: „Es ist in Ordnung, viele Klicks zu bekommen, denn je größer meine Plattform, desto mehr Menschen kann ich erreichen.“ Aber das ist eine sehr gefährliche Gratwanderung. Es ist leicht, sich in diesem Gedanken zu verlieren, ohne es zu merken, und genau das ist vielen passiert.
Man muss sich dieser Dinge wirklich bewusst sein. Dawa heute, im 21. Jahrhundert, im Jahr 2024, bringt dich wirklich in die Schusslinie. Es ist eine heikle Angelegenheit. Man muss äußerst vorsichtig sein, wie man sich in diesem Bereich bewegt. Wenn du in die Dawa einsteigst – und ich bin sicher, viele von euch haben großartige Pläne dafür – dann habt ihr möglicherweise Projekte, Fähigkeiten oder Wissen, das ihr mit anderen teilen könnt. Und die meisten von euch werden irgendwann, wenn sie weitermachen, online präsent sein. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst zu fragen: „Wie werde ich mich in dieser Situation verhalten?“
Aufrichtigkeit in der Dawa
Und das führt uns zu einer weiteren wichtigen Sache im Islam. Woran werden unsere Taten gemessen? Was ist das Wichtigste dabei?
Ein Student: Die Absicht.
Imran Hussein: Ja, genau, die Absicht. Und wenn wir über Absicht reden, lasst uns zu den Grundlagen zurückgehen: Warum machen wir Daʿwa? Gut, um die Botschaft des Islams zu verbreiten. Aber für wen?
Ein Student: Für Allah.
Imran Hussein: Richtig, für Allah. Das ist nicht kompliziert. Es geht um Allah. Es geht darum, das Wohlgefallen Allahs zu suchen und Seine Belohnung zu erlangen. Das ist im Grunde alles. Es ist einfach, aber nicht leicht. Denn das Ego spielt eine große Rolle. Aber genau deshalb müssen wir Dawa geben – für Allahs Wohlgefallen.
Wir hören immer wieder: „Sei aufrichtig, Bruder.“ Aber was bedeutet das praktisch? Was versteht ihr unter Aufrichtigkeit? Wir haben es bereits gesagt, aber lasst es uns noch einmal in einfachen Worten sagen, damit wir es auch wirklich verstehen.
Ein Student: Ich würde sagen, es bedeutet im Grunde, etwas zu tun, weil man glaubt, dass dies Allah (swt) am meisten gefällt.
Ein anderer Student: Dinge mit der richtigen Absicht zu tun.
Imran Hussein: Okay, was bedeutet „richtige Absicht”?
Ein Student: Um Allahs Willen.
Imran Hussein: Okay, was bedeutet „um Allahs Willen”?
Derselbe Student: Eine Handlung auszuführen, von der man glaubt, dass Allah sie liebt.
Ein anderer Student: Ich denke, die Motivation ist entscheidend. Wenn deine Motivation zum Beispiel aus Zahlen und Lob besteht und dir diese Dinge dann entzogen werden, fühlst du dich verletzt und geschwächt, weil dein Ziel auf äußeren Faktoren beruht. Wenn wir jedoch unsere Motivation auf das Wesentliche ausrichten – und genau hier kommt die Aufrichtigkeit ins Spiel – dann ist das Wesentliche Allah. Alles, was du tust, wenn es auf diesem Fundament basiert und nicht von äußeren Bestätigungen abhängt, macht deine Handlung aufrichtig. Ich hoffe, das ist verständlich.
Imran Hussein: Das war eine sehr philosophische Ausdrucksweise, aber ja. Wer möchte das in einfachen Worten zusammenfassen? Was bedeutet Aufrichtigkeit gegenüber Allah? Du möchtest Dawa machen, aber wie machst du das mit Aufrichtigkeit?
Ein Student: Es bedeutet, das zu hassen und zu lieben, was Allah hasst und liebt. Und seine Handlungen danach auszurichten.
Imran Hussein: Genau, es geht darum, das zu tun, was Allah als gut bezeichnet. Und im gesamten Qur’an ermutigt uns Allah, uns in der Dawa einzubringen, die Menschen zu Seinem Weg einzuladen und die Botschaft zu verbreiten. Aber wenn wir dies tun wollen und sagen, dass wir diese Handlung aufrichtig für Allah tun, was genau meinen wir dann?
Ein Student: Es bedeutet, dass dein Wille im Einklang mit dem Willen Allahs steht, oder?
Imran Hussein: Ja, genau. Es bedeutet, dass du es auf die Art und Weise tust, wie Allah es uns vorgegeben hat, so wie Er uns durch die Propheten gezeigt hat, wie sie die Botschaft vermittelt haben. Und dabei gibt es selbstverständlich Raum für Kreativität.
Ein Student: Könnte man auch sagen, dass es mehr darum geht, sich auf das, was man beiträgt, zu konzentrieren und nicht auf das Ergebnis? Es zählt, dass du getan hast, was Allah von dir wollte, und dass du dir keine Sorgen um das Ergebnis machst, weil das Ergebnis in Allahs Hand liegt.
Erfolg in der Dawa
Imran Hussein: Das ist ein sehr guter Punkt. Kümmere dich nicht um das Ergebnis. Und das führt uns zu einem weiteren wichtigen Thema: Es gibt keinen festen Maßstab für den Erfolg in der Dawa.
Viele Leute definieren heutzutage den Erfolg der Dawa anhand von Zahlen, zum Beispiel anhand der Anzahl der Menschen, die den Islam annehmen. Aber das ist völliger Unsinn. Das ist eine der größten Fehleinschätzungen: der Glaube, dass der Erfolg davon abhängt, wie viele Menschen den Islam bei dir annehmen. Erstens: Es liegt nicht in deiner Hand – Allah leitet recht, wen Er will. Zweitens: Schau dir die Propheten an. Viele von ihnen haben nicht viele Shahadas erzielt. Ein Beispiel: Nuh (Noah), wie lange hat er Dawa gemacht?
Ein Student: 950 Jahre.
Imran Hussein: Genau, die Gelehrten sagen, er hat 950 Jahre lang Dawa gemacht. Und wie viele Menschen haben seiner Botschaft gefolgt?
Ein Student: Nur eine Handvoll.
Imran Hussein: Man kann sie an einer Hand abzählen. Die Gelehrten nennen genaue Zahlen, aber es waren jedenfalls nur sehr wenige.
Nun, lasst mich euch eine Frage stellen: Wenn man bedenkt, dass Nuh (as) 950 Jahre lang Dawa gemacht hat, dass er die Botschaft auf jede erdenkliche Weise weitergegeben hat, öffentlich, privat, bei Tag und bei Nacht, und er nur sehr wenige Anhänger hatte – war er dann in seiner Mission erfolgreich?
Ein Student: Ich würde sagen, ja, weil er zu den fünf wichtigsten Propheten gehört. Und genau darum geht es: Die 950 Jahre, die er in seine Dawa investierte, sind der „Input“, während der „Output“, wenn man es so sagen kann, nur eine Handvoll Anhänger war. Aber was ihn wirklich auszeichnet, ist der Input, den er geleistet hat.
Imran Hussein: Absolut, 100 %. Das zeigt, dass er in seiner Mission, die Menschen zum Islam zu rufen, genauso erfolgreich war, wie es in dieser Zeit vorgesehen war. Sein Erfolg hing jedoch nicht davon ab, wie viele Menschen ihm folgten. Das ist ein sehr wichtiger Punkt: Der Erfolg in der Dawa wird nicht an der Anzahl der Menschen gemessen, die den Islam annehmen.
Dann stellt sich die Frage, was Erfolg in der Dawa wirklich bedeutet. Wie definieren wir Erfolg in der Dawa?
Ein Student: Ich denke, Allah beurteilt uns nach dem, was wir zu tun fähig sind. Nuh hat 950 Jahre investiert, und unabhängig vom Ergebnis hat Allah die Anstrengungen gesehen, die er unternommen hat. Er hat alles getan, was in seiner Macht stand. Es kommt also darauf an, wie man Erfolg definiert.
Imran Hussein: Wie definiert Allah Erfolg? Er gibt uns das Beispiel von Nuh (as). Wenn wir sein Leben und seine Dawa betrachten, werden wir verstehen, was Erfolg wirklich bedeutet.
Ein Student: Ich würde sagen, sein Erfolg bestand darin, dass er geduldig war, das tat, was Allah ihm aufgetragen hatte, und weiterhin Dawa gab und den Islam verbreitete. War er in Bezug auf die Zahlen erfolgreich? Nein. Aber das ist nicht das Wichtigste. Für ihn selbst jedoch war er erfolgreich, weil er seiner Verantwortung gerecht wurde.
Ein anderer Student: Einmal, als der Prophet ﷺ den Qur’an rezitierte, bewegte er schnell seine Lippen und seine Zunge. Daraufhin offenbarte Allah ihm eine aya, in der Er ihm sagte, er solle die Rezitation nicht überstürzen. Stattdessen versicherte Allah ihm, dass es Seine Aufgabe sei, die Botschaft zu verbreiten und die Menschen rechtzuleiten. Die Lehre daraus ist, dass wir unseren Teil tun, wie Allah es uns aufgetragen hat, und das Ergebnis Ihm überlassen.
Imran Hussein: Genau. So einfach ist das. Leiste deinen Beitrag, und was bedeutet das? Dass du weißt, wovon du sprichst, also die Menschen mit Wissen und Einsicht zum Islam einlädst, wie der Prophet ﷺ es sagte – mit klarer Sicht. Du weißt, was du sagst, und das bedeutet, dass du deinem Kurs treu bleibst, während du dich weiterbildest und mehr Wissen erlangst. Sei klar in deiner Botschaft – du verstehst sie und erfindest nichts. Vermittle sie so, dass die Menschen sie verstehen, und gib alles, was du hast.
Manche Menschen können mehr, manche weniger. Einige sind gut in der Street Dawa, andere weniger. Manche sind besser online, andere können besser schreiben. Allah hat jeden von uns mit unterschiedlichen Fähigkeiten gesegnet. Gib einfach dein Bestes, tu es mit ihsan (Exzellenz), und sprich klar mit den Menschen.
Manchmal gewöhnen wir uns beim Lernen von Argumenten und Themen an bestimmte Fachbegriffe, aber wenn wir dann auf die Straße gehen, sollten wir nicht mit philosophischen Ausdrücken um uns werfen. Denn die meisten Leute werden uns dann nicht verstehen, und damit haben wir unser Ziel verfehlt. Welche Art von Dawa machst du, wenn du nicht klar sprichst? Sprich also verständlich und teile einfach das, was du verstehst, und tue es einzig und allein für Allah, um Sein Wohlgefallen und Seinen Lohn zu erlangen – nicht für dich selbst, nicht für dein Ego, nicht, um gelobt zu werden oder damit die Leute dich bewundern und denken, du seist eine großartige Person. Nichts davon.
Und wir wissen, dass die Ergebnisse, die man aus solchen falschen Motiven erzielt, schädlich sind. Das ist garantiert. Wenn du in der Dawa aktiv bist und sie aus den falschen Gründen machst – und das ist nur zwischen dir und Allah, denn niemand kann in dein Herz schauen – wirst du in Schwierigkeiten geraten, in große Schwierigkeiten.
Ich habe es aus eigener Erfahrung gesehen. Ich habe es im Laufe der Jahre selbst erlebt, und der Prophet ﷺ hat uns ein Beispiel gegeben: Es gibt eine Überlieferung des Propheten ﷺ, in der er die ersten drei Menschen nennt, die ins Höllenfeuer kommen. Erinnert sich jemand an diese Überlieferung?
Ein Student: Meinst du den Hadith über riyaa (Augendienerei)?
Imran Hussein: Genau. Wer sind also die drei Personen, die als Erste ins Höllenfeuer kommen werden?
Ein Student: Der erste ist der, der gespendet hat. Der zweite ist derjenige, der den Qur’an auswendig gelernt hat, und der dritte ist der Shahid.
Imran Hussein: Richtig, also zuerst der Shahid, dann derjenige, der Wissen gelehrt hat, und schließlich derjenige, der reich war und gespendet hat. SubhanAllah. Es ist interessant, dass Allah niemanden erwähnt, der Dawa gemacht hat, aber ich denke, dass dies in diesen Kategorien enthalten ist. Wahrscheinlich in mehr als einer Kategorie – denn Wissen zu erlangen und sich auf dem Weg Allahs abzumühen, ist ein Teil der Dawa, nicht? Sogar das Vermögen für die Dawa auszugeben, gehört ebenfalls dazu. Es ist also noch beängstigender, wenn man darüber nachdenkt, denn alle drei Kategorien sind irgendwie in dieser einen Überlieferung enthalten.
Jetzt erwähnt Allah, dass diese Menschen – und denkt daran, das Höllenfeuer *beginnt* mit diesen Menschen. Nicht, dass sie sofort hineingehen, sobald es entfacht wird, sondern das Höllenfeuer wird mit ihnen angeheizt. Sie sind der erste Brennstoff für das Feuer. Derjenige, der als Shahid starb und auf dem Weg Allahs kämpfte, wird von Allah erinnert: „Schau dir die Gefälligkeiten an, die ich dir gewährt habe.“ Und er erkennt sie an. Dann fragt Er: „Was hast du als Dank getan?“ Der Mann sagt: „Ich habe für deinen Weg gekämpft, bis ich starb.“ Allah antwortet: „Du hast gelogen.“ Er entlarvt ihn – er hat gelogen, weil er wollte, dass die Menschen ihn preisen.
Dasselbe gilt für den, der Wissen lehrte. Er sagt: „Ich habe um Deinetwillen gelehrt.“ Allah erwidert: „Nein, du hast gelogen. Du hast es getan, damit die Menschen sagen: ,Was für ein gelehrter Mann!’“
Und dann gibt es die dritte Person – die wohltätige Person. Sie sagt: „Ich habe mein Vermögen für dich, Allah, ausgegeben, so wie Du es mir aufgetragen hast.“ Aber Allah antwortet: „Nein, du hast gelogen. Du hast es getan, damit die Menschen sagen, wie wohltätig du warst.“ In jedem Fall werden diese Personen auf ihrem Gesicht ins Höllenfeuer geworfen. Ihr Selbst, ihr Ego – wird in die Hölle gezogen.
Das ist kein Scherz, Brüder, ehrlich. Und ich will euch nicht demotivieren oder davon abhalten, euch in der Dawa einzubringen, aber es ist wichtig, den Überblick zu behalten. Denn glaubt mir, es ist sehr leicht, sich zu verlieren und sich selbst einzureden, dass man sich nicht verliert und alles in Ordnung ist. Du wirst dich selbst davon überzeugen, dass es dir gut geht, aber das stimmt nicht – du bist in einer Schleife gefangen und kannst dich völlig verlieren, ohne überhaupt noch zu wissen, was du tust.
Praktische Tipps für die richtige Absicht
Ein Student: Wie bekämpfen wir denn dann unsere Absichten?
Imran Hussein: Das ist der nächste Punkt, den wir ansprechen werden. Betrachten wir das einmal aus einer praktischen Perspektive. Gelehrte haben ausführlich über ikhlas geschrieben und dabei erwähnt, dass es eine der schwierigsten Eigenschaften ist. Du kannst niemals sagen: „Heute bin ich zu 100 % aufrichtig.“ Denn sobald du das sagst, bist du es eben nicht.
Es gibt jedoch Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um dich zu schützen. Was denkt ihr, könnten diese sein? Stellt euch vor, in zwei Jahren – oder vielleicht schon in einem Jahr – habt ihr eure Dawa-Projekte. Ihr seid in der Dawa aktiv, sei es auf der Straße, oder ihr gründet ein Team, eine Organisation – was auch immer. Ihr habt in jedem Fall hohe Ziele, inshaAllah.
Ein Student: Versuche, es so weit wie möglich geheim zu halten. Vielleicht ist dein Name nicht bekannt oder du bist nicht sehr bekannt. Auf diese Weise vermeidest du es, gelobt zu werden.
Imran Hussein: Ja, das ist bei manchen Formen der Dawa möglich. Wenn du zum Beispiel ein Buch schreibst, könntest du ein Pseudonym oder den Namen einer anderen Person verwenden. Aber in den meisten Fällen ist Dawa öffentlich. Selbst wenn du nur mit einer Person auf der Straße sprichst und nie online gehst, ist es dennoch eine öffentlich wahrnehmbare Handlung. Die Herausforderung steigt daher, weil Dawa heutzutage immer öffentlich ist. Du übermittelst die Botschaft an eine einzelne Person oder eine Gruppe. Was würdet ihr in einer solchen Situation tun?
Ein Student: Ich denke, man sollte noch mehr im Privaten/Geheimen als in der Öffentlichkeit tun.
Imran Hussein: Ja, das ist im Allgemeinen eine gute Regel. Einige Gelehrte haben sogar gesagt, dass du deine öffentlichen Dawa-Aktionen nicht einmal als belohnenswert betrachten solltest. Stattdessen solltest du dich darauf konzentrieren, so viele private Taten wie möglich zu vollbringen, um diese öffentlichen Handlungen auszugleichen.
Aber lasst uns das Ganze mal auf einer Makro-Ebene betrachten und es Schritt für Schritt herunterbrechen. Was könnt ihr vor, während und nach der Dawa tun, um euch selbst zu schützen?
Ein Student: Ich denke, es ist wichtig, sich regelmäßig selbst zur Rechenschaft zu ziehen. Wie Umar ibn al-Khattab sagte: „Zieh dich selbst zur Rechenschaft, bevor du zur Rechenschaft gezogen wirst.“ Zum Beispiel am Ende jedes Tages, an dem du draußen warst und Dawa gemacht hast: Setz dich hin, reflektiere über deinen Tag und überlege, was du erreicht hast. Wie hast du dich dabei gefühlt? Versuche, dich selbst zu überprüfen und erinnere dich daran, warum du das tust.
Imran Hussein: Das sind sehr gute Punkte, Bruder. Jazakallahu khayr.
Ein Bruder: Vielleicht kannst du auch deine privaten ibadaat verstärken, da das hilft, den Shaytan fernzuhalten. Du könntest auch versuchen, deine guten Taten so weit wie möglich privat zu halten. Du könntest dir sagen: „Die öffentlichen Taten zähle ich vielleicht gar nicht, aber die privaten Taten, die sind es, die wirklich zählen.“
Imran Hussein: Und je mehr private Taten du vollbringst, desto näher wirst du Allah kommen. Du wirst feststellen, dass es dir leichter fällt, Dinge aus den richtigen Gründen zu tun. Es geht dann nicht mehr nur darum zu sagen: „Ich mache es für Allah, um Sein Wohlgefallen zu erlangen.“ Das sind nur Worte. Aber wenn du wirklich eine Beziehung zu Allah aufbaust, dann weißt du, für WEN du es tust. Das macht es in den meisten Fällen viel einfacher, aufrichtig zu sein, weil du weißt, wer dein Schöpfer ist, mit wem du sprichst und wer dir hilft und dich versorgt. Private gottesdienstliche Taten werden sich also definitiv positiv auf deine öffentlichen Dawa-Taten auswirken, daran besteht kein Zweifel. Welche anderen Schritte könntet ihr noch unternehmen? Lasst uns überlegen, was man noch tun kann, bevor ihr in die Dawa geht.
Ein Bruder: Nach Wissen streben.
Imran Hussein: Gut, nach Wissen streben. Wenn die Absicht hinter diesem Streben darin besteht, Allah näher zu kommen und Ihn so anzubeten, wie wir es sollten, dann wird das Streben nach Wissen in der Tat hilfreich sein.
Ein Bruder: Du könntest dir auch ansehen, wie der Prophet Muhammed (ﷺ) Dawa gemacht hat, und versuchen, ihm nachzueifern.
Imran Hussein: Ja, genau. Schaut euch an, wie die Propheten Dawa gemacht haben, und versucht, innerhalb dieser Prinzipien zu bleiben. Aber wie immer, das Schöne an der Dawa ist, dass es auch einen Raum für Kreativität gibt, je nachdem, was gerade erforderlich ist. Dennoch gibt es allgemeine Regeln und Prinzipien, die ihr immer beachten solltet, wenn ihr Dawa betreibt. Was könnte man noch vorher tun?
Eine Sache, die wirklich hilfreich ist, ist, sich Zeit zu nehmen und zu reflektieren. Viele Dinge, die wir heutzutage tun, machen wir nur halbherzig – wir erledigen eine Aufgabe nach der anderen, ohne wirklich darüber nachzudenken. Aber es hilft, innezuhalten und zu reflektieren: „Ich gehe jetzt raus und mache Dawa. Ich tue etwas, was die Propheten vor Jahrhunderten getan haben. Allah hat mich dafür ausgewählt. Es gibt so viele andere Muslime, die es tun könnten, aber Er hat mich dazu erwählt. Was für eine Ehre! Was für ein Segen! Also möchte ich es jetzt aus den richtigen Gründen tun!“ Das hilft dir, die Dinge aus der richtigen Perspektive zu sehen.
Eine weitere wichtige Sache ist, sich daran zu erinnern, wer man im Verhältnis zu Allah ist. Seid ehrlich zu euch selbst: Manchmal schaut man in den Spiegel und denkt: „MashaAllah“, man fühlt sich gut und denkt, man sei immer schon so gewesen. Vielleicht lächelt man sich selbst an und fühlt eine gesunde Selbstliebe, die jeder bis zu einem gewissen Grad haben sollte – so lange es keine narzisstische Art von Selbstliebe ist, inshaAllah. Aber wenn wir ehrlich sind, wenn du in den Spiegel schaust und denkst, du seist schon immer so gewesen, dann entspricht das nicht ganz der Realität. Denn wenn wir jetzt einen „Zurückspulen“-Knopf hätten und 30 oder 40 Jahre zurückgehen könnten, was würde dann passieren? Wir würden uns zu Kindern zurückverwandeln, dann zu Babys, dann zu Föten und schließlich zu einem kleinen Tropfen schmutziger Flüssigkeit, der von den Sofas und Stühlen aufgesogen wird, auf denen ihr gerade sitzt. Das ist unsere Realität – das ist, wo wir herkommen, aus einem schmutzigen Tropfen Flüssigkeit.
Allah sagt im Qur’an in Sure an-Nahl:
خَلَقَ الْإِنسَانَ مِن نُّطْفَةٍ فَإِذَا هُوَ خَصِيمٌ مُّبِينٌ
Er hat den Menschen aus einem Samentropfen erschaffen, und doch ist er sogleich ein deutlicher Widersacher.
An-Nahl 16:4.
Er steht als Widersacher vor Allah, als jemand, der Allah herausfordert.
Wenn ihr also über solche Verse nachdenkt, werdet ihr demütig. Denkt daran, woher wir kommen – ein schmutziger Tropfen Flüssigkeit – und wohin wir alle in den nächsten Jahren gehen. Wohin führt unser Weg?
Ein Student: Nach Jannah, inshaAllah.
Imran Hussein: Ja, okay, aber wohin gehen wir körperlich?
Ein Student: Ins Grab.
Imran Hussein: Genau, ins Grab. Schaut euch unsere Situation an: Wir kommen aus etwas Schmutzigem – aus physischer Sicht – und kehren am Ende wieder zu Schmutz zurück. Wir befinden uns also zwischen zwei Zuständen von Schmutz. Und doch denken wir, dass wir etwas Besonderes sind, dass wir „etwas“ darstellen – unser Ego spielt eine Rolle. „Ich werde selbstbewusst mit dieser Person sprechen, damit die Brüder später loben können, wie gut ich es gemacht habe.“ Das macht einfach keinen Sinn. Wenn wir die Konsequenzen erkennen, die entstehen, wenn wir Taten nur für uns selbst oder für Anerkennung von anderen tun, verschwenden wir die Gelegenheit. Denn die Wahrheit ist, lasst uns ehrlich sein: Wie viele Muslime gibt es in diesem Land? Wer kennt die Zahlen?
Ein Student: Vier Millionen.
Imran Hussein: Vier Millionen! Was glaubt ihr, wie viele davon praktizieren?
Ein Student: Vielleicht 5%.
Imran Hussein: Wahrscheinlich kann man sagen, dass es etwa 5 % sind, wenn wir großzügig sind, vielleicht 10–15 %. Aber Allah weiß es am besten. Es ist eine kleine Zahl. Und von den praktizierenden Menschen, den 5–10 %, wie viele verstehen tatsächlich die Bedeutung von Dawa?
Ein Student: Weniger als 1 %.
Imran Hussein: Wahrscheinlich weniger als 1 %, definitiv. Und von diesen weniger als 1 %: Wie viele haben tatsächlich die Möglichkeit, in der Dawa aktiv zu sein? Wie vielen hat Allah ihnen die Gelegenheit gegeben, sich in der Dawa einzubringen?
Ein Student: 0.1 %.
Imran Hussein: Wahrscheinlich sogar noch weniger. Und von diesen wenigen, wie viele haben die Gelegenheit erhalten, Teil eines Kreises wie diesem zu sein, mit Mohammed Hijab und Hamza Tzortzis, die mashaAllah kommen und dieses Schulungen geben? Es wird euch buchstäblich auf einem Silbertablett serviert.
Und selbst von eurer Gruppe von Brüdern, wie viele sind heute hier? Nicht alle. Allah hat euch auserwählt, hier zu sein. Ihr denkt vielleicht: „Ich bin heute Morgen aufgestanden, habe meine Sachen erledigt, bin ins Auto gestiegen und im Verkehr gestanden“ – maschaAllah, möge Allah euch für die Mühen segnen, die ihr auf euch genommen habt – „Ich bin jetzt hier. Ich habe es geschafft.“ Nein. Es hätten heute Morgen 101 Dinge passieren können, die euch davon abgehalten hätten, hier zu sein, und ihr hattet keinen Einfluss auf diese Dinge. Aber Allah hat all diese Hindernisse beseitigt, damit ihr jetzt hier seid und auch ich jetzt hier bin.
Das ist die Gelegenheit, die Allah uns gegeben hat. Wollen wir sie einfach wegwerfen, nur um ein paar Likes, Aufrufe und ein wenig Lob von den Leuten zu bekommen? Das ergibt doch keinen Sinn. Ehrlich gesagt macht es absolut keinen Sinn, wenn man die Zerstörung kennt, die diejenigen erwartet, die behaupten, in die Fußstapfen der Propheten zu treten und aufrichtig Da’wah zu geben, aber es aus den falschen Gründen tun. Das ist es nicht wert, ganz ehrlich.
Und glaubt mir, ihr werdet es in diesem Leben bemerken. Ich habe Brüder gesehen, die es genauso erlebten, und ich selbst habe es auch durchgemacht. Man beginnt, vom richtigen Weg abzukommen und diese Dinge zu rechtfertigen. Zuerst wird man beliebt, die Leute schauen sich eure Videos an, und dann produziert man immer mehr Inhalte. Es geht nicht mehr darum, ob es für die Dawa sinnvoll ist oder ob es überhaupt notwendig ist, es zu tun. Man fragt sich nicht mehr, ob jemand anderes das besser machen könnte oder ob es bereits genug Material zu diesem Thema gibt. Diese Überlegungen verschwinden, und irgendwann habe auch ich mich darauf eingelassen. Glaubt mir, es hat mich völlig erschöpft. Ich war am Ende. Ich war dann drei oder vier Jahre völlig raus aus der Dawa, und ich habe gesehen, dass es auch vielen anderen Brüdern genauso ging.
Ich werde keine genauen Namen nennen, vielleicht kennt ihr einige dieser Brüder, vielleicht auch nicht. Aber sie haben das ebenfalls erlebt. Ihr solltet also nicht in diese Falle tappen. Vertraut mir, das würde euch zerstören. Ihr wollt das in diesem Leben nicht durchmachen, denn Shaytan ist immer da. Wie ihr wisst, wird er ständig versuchen, euch vom rechten Weg abzubringen und euch eine falsche Perspektive aufzuzwingen…. Ja, Bruder?
Ein Student: Und ist es nicht verrückt, dass du so vielen Menschen nützt, außer dir selbst?
Imran Hussein: Ja, du wirst dich letztlich leer fühlen, wie eine Hülle, die vollkommen leer ist. Du kannst nur so lange weitermachen, bis du völlig zusammenbrichst. Dann ist es vorbei. Du willst definitiv nicht in diese Situation geraten. Daher ist es wichtig, sich bewusst zu sein, wie Shaytan dich angreifen wird, wenn du in die Dawa eintrittst. Du musst dich vor solchen Gefahren schützen. Und wir haben einige Maßnahmen genannt:
- eine Beziehung zu Allah aufbauen
- den Überblick über sich selbst behalten und sich selbst zur Rechenschaft ziehen
- sich daran erinnern, wer man ist, woher man kommt und wohin man geht
- sich daran erinnern, welche Gelegenheit und welchen Segen Allah dir gegeben hat, die Er der Mehrheit der Muslime nicht gegeben hat
Denk daran: Du gehörst zu den wenigen, zu den 0,05 % der Menschen in diesem Land, und vielleicht sogar zu einer noch kleineren Zahl weltweit, denen Allah die Möglichkeit gibt, in diesem Leben etwas Bedeutendes für Ihn zu tun. Gib das nicht für nur ein kleines Lob und ein Schulterklopfen und so weiter her, denn das ist es nicht wert.
Und schaut euch die Belohnungen an, Brüder. Lasst uns nun zu den Belohnungen kommen, die man erhält, wenn man die Dinge auf die richtige Weise tut. Natürlich ist Aufrichtigkeit entscheidend, aber wir können nie zu 100 % sicher sein, dass unsere Absicht vollkommen aufrichtig ist. Was wir jedoch tun können, ist, mit der richtigen Absicht zu handeln und regelmäßig Du’a zu machen. Das ist eine sehr wichtige Sache: Bittet Allah darum, euch aufrichtig zu machen, denn letztlich liegt es nicht in unserer Hand, sondern in Seiner Macht. Ein wertvoller Rat von Bruder Hamza lautet: Am Ende einer Dawa-Aktion, bittet Allah um Vergebung und bereut. Wenn ihr bereut, wird Allah eure schlechten Taten vergeben und sie durch gute Taten ersetzen. Daher ist es entscheidend, immer am Ende zu bereuen, um euch vor einer falschen Perspektive zu schützen.
Lohn für die Dawa
So insha’Allah, machen wir weiter. Sehen wir uns einige der Belohnungen für die Dawa an. Was denkt ihr darüber? Habt ihr schon Erfahrungen gemacht? Was motiviert euch, in der Dawa aktiv zu werden bzw. euch zukünftig darin einzubringen?
Ein Student: Sadaqah Jariyyah. Die Tatsache, dass man durch den Willen Allahs jemanden zum Islam führen kann und diese Person dann betet, andere lehrt, wodurch sich die eigenen Taten immer weiter vervielfachen – selbst nach dem eigenen Tod.
Imran Hussein: Das ist ein guter Anfang. Die Taten gehen also kontinuierlich weiter. Ich merke: Du bist ein richtiger Geschäftsmann, mashaAllah. *lacht* Aber genau, das ist das einzige „Pyramidensystem“, das wirklich funktioniert – im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist das einzig wahre. Stell dir vor, du machst einmal im Leben aufrichtig Dawa um Allahs willen. Du sprichst mit jemandem, der nicht sofort Muslim wird, aber sich fünf Jahre später an das Gespräch erinnert. Er nimmt den Qur’an zur Hand, liest ihn und wird Muslim. Du hast immer noch Anteil daran, weil du derjenige warst, der den Anstoß gegeben hat. Nun bekommst du die Belohnung für alles, was er tut, nachdem er Muslim geworden ist. Für all das Gute, das er tut, kommt die Belohnung zu dir zurück. Er heiratet, lehrt seine Familie, erzieht seine Kinder – und all der Lohn kommt zu dir zurück. Und das Ganze geht letztendlich auf den Propheten ﷺ zurück. Aber stell dir mal vor, welchen Lohn du am Tag des Jüngsten Gerichts erhalten wirst – unermesslich. Gibt es noch etwas anderes? Noch weitere Gründe, die dich motivieren, dich in der Dawa einzubringen?
Ein Student: Dass es für uns verpflichtend ist. كُنتُمْ خَيْرَ أُمَّةٍ أُخْرِجَتْ لِلنَّاسِ „Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht worden ist.“ (3:110)
Imran Hussein: Ja, die direkten Befehle von Allah, die uns dazu anleiten, Dawa zu machen und die Menschen zur Wahrheit einzuladen – das sollte uns auf jeden Fall motivieren.
Ein Student: Das Wissen, dass du Allahs Wohlgefallen erreichst, indem du Dawa machst.
Imran Hussein: Genau, es ist wirklich eine schöne Sache, zu wissen, dass man mit dem, was man tut, Allahs Wohlgefallen erreicht. Das gibt Zufriedenheit.
Ein Student: Steht im Qur’an nicht so etwas wie: „Welche Rede ist besser als diejenige, die die Menschen auf den Weg Allahs einlädt?“ Ich denke, das wäre eine großartige Motivation, weil man gerne zu denjenigen gehören möchte, die die beste Rede führen.
Imran Hussein: Genau, und denkt mal einen Moment darüber nach, Leute. Wer kann mir sagen, wie oft er seit heute Morgen gesprochen hat? Gebt mir eine Zahl.
Ein Student: Zu viel.
Imran Hussein: Genau, wir reden ständig, oder? Die Sprache ist eine Fähigkeit, die wir als Menschen haben und die uns so leicht von der Hand geht. Wir sprechen den ganzen Tag, ohne müde zu werden. Unsere Zunge wird nicht müde, unsere Stimmbänder auch nicht – anders als der Rest des Körpers. Wenn ich euch bitten würde, eure Arme den ganzen Tag ausgestreckt zu halten, würden eure Schultern brennen. Aber wenn wir reden, können wir einfach weitermachen, nach einer kurzen Pause und einem Schluck Wasser, und weiter reden.
Die Sprache ist eine Fähigkeit, die die meisten Tiere nicht haben. Kein anderes Lebewesen spricht wie wir. Es ist eine so einfache, aber gleichzeitig wunderschöne Fähigkeit, die Allah uns geschenkt hat. Jetzt stellt euch vor, am Tag des Jüngsten Gerichts zu stehen und eure Aufzeichnungen zu sehen. Denkt daran, die Sprache gehört zu euren Taten und wird berücksichtigt. Ihr sprecht entweder Gutes oder Schlechtes, und das wird in eurer Bilanz auftauchen und sogar den größten Platz einnehmen. Was wäre, wenn ihr in eurem Buch keine einzige Stelle findet, an der ihr über Allah gesprochen oder Menschen zu Ihm eingeladen habt?
Stellt euch vor, wie enttäuscht ihr euch fühlen würdet, wenn ihr seht, dass ihr diese Fähigkeit, die euch so leicht fällt, nie in der richtigen Weise genutzt habt. Allah sagt: „Wer ist besser im Reden als der, der zu Allah ruft?“ Diese Frage ist rhetorisch, und wenn Allah rhetorische Frage stellt, meint Er, DASS es so ist. Also hier: DAS ist die beste Rede. Angesichts der Tatsache, wie leicht uns das Reden fällt, warum also nicht über Allah sprechen? Warum nicht Menschen zu Ihm rufen? Das sollte wirklich eine starke Motivation für uns sein. Gibt es noch weitere Gründe, die euch motivieren?
Ein Student: Sinn – es gibt uns einen Sinn. Stell dir ein Leben vor, in dem du mit so viel gesegnet bist und das mit niemandem teilst. Dein höchstes Ziel könnte es sein, diese wunderschöne Religion, ihre Lehren und die Werte, die sie dir vermittelt, mit anderen Menschen zu teilen.
Imran Hussein: Ja, Sinn ist wirklich eine große Sache. Jeder Mensch braucht einen Sinn im Leben. Weißt du, wie viele Menschen heutzutage auf der Suche nach Sinn sind? Die Schwachstelle der säkularen Welt, könnte man sagen, ist, dass der wahre Sinn verloren geht, wenn sich die Menschen von Gott abwenden. Letztlich bleibt der Sinn dann auf der Strecke. Alles, was sie tun können, ist, sich selbst etwas auszudenken. Aber Allah gibt uns die Möglichkeit, unserem Leben einen wirklichen, bedeutungsvollen Zweck zu geben – einen Zweck, der uns am Ende des Tages nicht nur Zufriedenheit bringt, sondern auch immense Belohnung.
Ein Student: Und Dawa kann auf so viele verschiedene Weisen gegeben werden. Du kannst Dawa auf traditionelle Weise machen oder indem du Filme drehst, Buchhalter wirst, einen Nachrichtenbericht schreibst, jemandem das Schwimmen beibringst oder etwas anderes tust, dessen Wert du vielleicht noch nicht erkennst. Du kannst es auf alles anwenden. Dadurch erhält sogar eine scheinbar sinnlose Tätigkeit eine Bedeutung, und diejenigen, die solche Jobs ausüben, können ihre Arbeit mit Dawa verknüpfen und ihr Leben so sinnvoll gestalten.
Imran Hussein: MashaAllah, das ist sehr stark, Bruder!
Ein Student: Ich würde auch sagen, dass jeder von uns ein Vorbild hat, dem er nacheifern möchte. Für uns Muslime ist unser Vorbild der geliebte Prophet Muhammed ﷺ sowie die anderen Propheten und die Sahaba. Alle von ihnen haben Dawa gemacht. Daher ist es nur logisch, dass wir ihren Fußstapfen folgen und ebenfalls Dawa machen.
Imran Hussein: Zu 100 %.
Ein Student: Ich denke, Dawa zwingt dich gewissermaßen auch dazu, dein Wissen zu mehren. Denn wenn du jemandem etwas erklärst, musst du dich darauf vorbereiten. Es macht dich außerdem zu einem praktizierenden Muslim, denn wenn du jemandem etwas empfiehlst und es selbst nicht umsetzt, wirst du dich schämen. Du wirst dich fragen: „Warum sage ich jemandem, er soll das tun, und tue es selbst nicht?“
Imran Hussein: Genau, wie es so schön heißt: „Wenn du den Ball gegen die Wand wirfst, wird er zu dir zurückprallen.“ Das passiert auch bei der Dawa. Du sprichst etwas an, das du selbst nicht tust, und dein Gewissen erinnert dich daran. Du denkst: „Ich sollte das auch tun.“ Es hilft dir, ein besserer Muslim zu werden. Gibt es noch weitere Motivationen?
Ein Student: Das man diese Menschen „in Kenntnis setzt“, sodass sie für ihre Taten rechenschaftspflichtig sind. Das ist unsere Aufgabe und Verantwortung.
Ein anderer Student: Ich denke auch an ein Problem bzw. eine Fitna in der Dawa – in Bezug auf Frauen. Wenn du online aktiv bist, bekommst du möglicherweise auch viele Nachrichten von Schwestern und Ähnliches. Neben dem Ego und den Aufrufen gibt es also auch diesen Aspekt.
Imran Hussein: Ja, das ist absolut richtig – Jazakallahu khayran, dass du das ansprichst. Es kommt oft vor, dass Brüder in der Da’wah Nachrichten erhalten. Aus diesem Grund geben viele Brüder vertrauenswürdigen Kollegen Zugang zu ihren Konten, um sicherzustellen, dass sie nicht alleine mit solchen Nachrichten konfrontiert sind. Das ist eine bewährte Vorsichtsmaßnahme, die ihr unbedingt in Betracht ziehen solltet. Stellt sicher, dass ihr solche Schutzmechanismen einrichtet, inshaAllah. Es kann passieren, dass man sich in der Da’wah verliert, also ist es wichtig, vorsichtig zu bleiben.
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Punkt. Etwas, das mir immer wieder auffällt, wenn ich darüber nachdenke, ist die Geschichte aus der Sure Yasin, in der Allah zwei Gesandte in eine Stadt sandte. Habt ihr diese Geschichte vielleicht vor kurzem gelesen? *Der Studentenkreis verneint* Es ist wirklich eine besondere Geschichte. Überlegt mal: Wie viele Gesandte schickt Allah normalerweise?
Ein Student: Nur einen.
Imran Hussein: Genau, aber in diesem Fall waren es zunächst zwei Gesandte gleichzeitig. Und dann schickt Allah sogar einen dritten. Das ist eine merkwürdige und seltsame Situation, in der Allah in einer Stadt zwei Gesandte geschickt hat, was in der Geschichte sehr selten ist. Manchmal waren auch zwei Gesandte gleichzeitig an einem Ort, aber normalerweise ist es nur einer, weil, wenn er von Allah unterstützt wird, ein einziger Gesandter ausreicht. Aber hier gibt es zwei, und dann sendet Allah noch einen dritten, um die beiden zu unterstützen. Jetzt waren es also drei Gesandte.
Aus einer Perspektive betrachtet, wenn man argumentieren wollte, dass es einen Punkt in der Geschichte gab, an dem es überhaupt keine Verpflichtung zur Dawa gab, dann war dies wahrscheinlich dieser Zeitpunkt – denn dort waren bereits drei Gesandte. Es gab nicht nur einen, nicht zwei, sondern gleich drei! In solch einer Situation wäre es für den durchschnittlichen Menschen nicht unbedingt notwendig gewesen, sich noch zusätzlich einzubringen und Dawa zu machen. Aber dann hören wir von einem Mann. Und ich möchte, dass ihr euch einige wichtige Punkte aus dieser Geschichte merkt: Allah erwähnt seinen Namen nicht. Er sagt einfach „rajul“ – ein Mann. Dieser Mann kommt aus einem anderen Teil der Stadt oder von außerhalb der Stadt und eilt herbei. Was denkt ihr, womit er dorthin kam – mit dem Flugzeug oder dem Zug?
Ein Student: Er kam angerannt.
Imran Hussein: Genau! Er rennt, er strengt sich an, um dort hinzukommen – vielleicht reitet er auf einem Esel oder Kamel, vielleicht auch nicht, wir wissen es nicht. Er war sicherlich nicht in einem schnellen Transportmittel unterwegs. Wie lange er unterwegs war? Allah weiß es am besten. Vielleicht war er einen Tag, zwei Tage oder sogar drei Tage unterwegs – wir können es nicht mit Sicherheit sagen. Aber dieser Mann kommt also angestürmt. Was tut er, als er an diesem Ort ankommt, an dem bereits drei Gesandte versammelt sind?
Ein Student: Er ermutigt die Menschen, den Gesandten zu folgen.
Imran Hussein: Richtig, er ermutigt sie. Also lass mich euch eine direkte Frage stellen: In welche Kategorie passt er? Hat er direkte Dawa gemacht oder hat er die Dawa unterstützt?
Ein Student: Er unterstützte die Dawa.
Imran Hussein: Genau! Er unterstützte sie – er forderte die Menschen auf, den Gesandten zu folgen. Und was taten seine Leute ihm an?
Ein Student: Sie töteten ihn.
Imran Hussein: Sie töteten ihn – aber erwähnt Allah das?
Ein Student: Nein, er starb als Märtyrer und ging ins Paradies.
Imran Hussein: Richtig, aber der Punkt hier ist, dass es eine Ellipse gibt. In der Sprache nennen wir das eine Ellipse, was bedeutet, dass eine Information weggelassen wurde. Allah hat also die Information entfernt, dass sie ihn getötet haben, wie sie ihn getötet haben, wie sie ihn gefoltert haben – all das wird entfernt. Er hat seinen Job getan. Und dann liest man weiter, dass er auf der anderen Seite [im Jenseits] ist. Was sagt er auf der anderen Seite?
Ein Student: [Sinngemäß:] „Wenn meine Leute nur wüssten, wie ich belohnt und geehrt wurde.“
Imran Hussein: Genau. Denkt mal darüber nach, Leute. Es fehlen zwei Informationen: sein Name und die Todesursache. Stattdessen wird uns erzählt, was er getan hat und wie er belohnt wurde. Es gibt also zwei Dinge, auf die Allah möchte, dass wir uns konzentrieren. Wenn etwas im Qur’an weggelassen wird, hat das einen Grund. Allah hat diese Details ausgelassen, weil sie nicht wichtig sind.
Aber normalerweise, wenn wir jemanden vorstellen, wie machen wir das? Wenn ihr einen Bruder vorstellt, was ist das erste, das ihr sagt?
Ein Student: Wir sagen seinen Namen.
Imran Hussein: Ja, das ist Bruder Soundso.
Ein Student: Sein Beruf.
Imran Hussein: Ja, das kommt danach, aber erst geht es um den Namen. Der Name ist bei der Vorstellung sehr wichtig.
Allah stellt uns dagegen hier einen Mann vor, ohne seinen Namen zu nennen. Es ist fast so, als wollte Allah uns sagen, dass der Name keine Bedeutung hat. Vielleicht ist das eine der Weisheiten, die Allah uns vermitteln möchte – konzentriere dich nicht auf den Namen. Was zählt, ist nicht, wer dieser Mann war, woher er kam oder wie lange er schon im Glauben praktizierte. Vielleicht hatte er gerade erst angefangen, vielleicht war er schon lange ein praktizierender Muslim – aber diese Details sind für die Geschichte nicht wichtig. Was wirklich zählt, ist, was dieser Mann tat: Er unterstützte die Dawa.
Allah verschweigt uns auch, wie er getötet wurde oder wie er gefoltert wurde. Diese Informationen sind nicht wichtig. Stattdessen führt Allah uns direkt zu der Belohnung, die dieser Mann erhielt, was das Paradies ist, mit einer Belohnung so groß, dass sie für immer in der letzten Offenbarung Gottes festgehalten wird. Wenn jeder Mensch bis zum Tag des Jüngsten Gerichts den Koran liest, wird er diese Geschichte und die Worte dieses Mannes lesen. Dies ist die Ehre, die Allah ihm zuteilwerden ließ. Dieser Mann war kein Prophet, aber Allah hat seine Worte in die letzte Offenbarung aufgenommen, als Teil der Offenbarung. Schaut euch nur mal die Ehre dieses Mannes an, der einfach nur die Gesandten unterstützt hat.
Ein Student: Und das aber mit Aufrichtigkeit.
Imran Hussein: Mit Aufrichtigkeit, das ist der Schlüssel! Und jetzt vergleicht das mit unserer Situation heute, Brüder. Werdet ihr die Dawa unterstützen oder direkt Dawa machen?
Ein Student: Beides.
Imran Hussein: Okay, beides. Aber was machen wir primär?
Ein Student: Wir machen direkt Dawa.
Imran Hussein: Richtig. Und wieviele Gesandte gibt es heute? Einer, zwei, drei?
Ein Student: Null.
Imran Hussein: Null. Wenn also ein Mann, der die Dawa unterstützte, als drei Gesandte anwesend waren, einen so großen Lohnt erhielt, wie hoch wird dann erst der Lohn für Männer sein, die direkt Dawa zu einer Zeit machen, in der überhaupt keine Gesandten anwesend sind? Könnt ihr euch euren potenziellen Lohn auch nur ansatzweise vorstellen? Ehrlich gesagt, das könnt ihr nicht.
Ein Student: Und die Reichweite, die man hat, ist auch noch unbegrenzt.
Imran Hussein: Ja! Das Potential, das du heute hast…
Ein Student: Die Ausstattung!
Imran Hussein: Und die Ausstattung!
Ein Student: Den Luxus!
Imran Hussein: Den Luxus! Der Mann musste quer durch die ganze Stadt reisen!
Ein Student: Und du musst einfach nur dein Mikro aufstellen.
Imran Hussein: Eben, und einfach in deinem Schlafanzug mit einer Anzugjacke oben herum da sitzen und ein Video aufnehmen. Das machen viele Brüder so – ich habe das schon mitbekommen.
Also schaut nur mal, wie einfach Allah es uns in mancher Hinsicht gemacht hat. Natürlich bringt diese Leichtigkeit auch Herausforderungen mit sich.
Aber wenn ihr Da’wah mit Aufrichtigkeit macht – das ist der Schlüssel, der Dreh- und Angelpunkt. Tut es mit der richtigen Absicht und echtem Engagement, und ihr könnt euch nicht vorstellen, welcher Lohn Allah euch zuteilwerden lässt. Ihr könnt es euch wirklich nicht vorstellen, Brüder. Es ist wie eine Art Schnellfahrkarte zu den höchsten Ebenen des Paradieses, inshaAllah.
Das Einzige, worauf ihr achten müsst, ist eure Aufrichtigkeit. Das ist der grundlegende Faktor. Wenn ihr diesen Dreh- und Angelpunkt beibehält, wird alles andere von selbst folgen. Was bedeutet das noch–und damit schließen wir diesen letzten Abschnitt für heute ab.
Wenn wir das alles nur um Allahs willen tun, geht es nicht mehr darum, die Debatte zu gewinnen, sich als Sieger darzustellen oder sich gut zu fühlen. Darum geht es nicht.
Deine Aufgabe ist es, die Botschaft klar und aufrichtig zu übermitteln – das ist alles. Mit Wissen, Klarheit und Aufrichtigkeit – diese drei Dinge. Wenn du das tust, wirst du erfolgreich sein. Es geht also nicht darum, Debatten oder Streitgespräche zu gewinnen.
Darum geht es in der Dawa NICHT
Worum geht es bei Dawa noch nicht? Sehen wir uns mal diese Dinge an.
Ein Student: Reichweite – es geht nicht um Reichweite.
Imran Hussein: Richtig, das haben wir vorhin erwähnt. Es geht nicht um deine Reichweite.
Ein Student: Beliebtheit, aber das haben wir auch bereits gesagt.
Imran Hussein: Genau. Um ehrlich zu sein, wenn du einen YouTube-Kanal startest und nur 50 Leute ihn ansehen, aber du tust es mit gutem Gewissen, weil du weißt, dass du das tust, was du für die Dawa für wichtig hältst, und du vermittelst es auf eine klare und wissensbasierte Weise, und du tust es für Allah, dann sollte es dir vollkommen egal sein, ob du 5 oder 5000 Aufrufe bekommst. Es sollte wirklich keine Rolle spielen.
Ein Student: Darf ich etwas hinzufügen? Ich denke, das wird vielen Menschen wirklich helfen. Ich selbst erlebe das, und ich glaube, viele erleben das, weil wir oft so zukunftsorientiert sind. Wir denken: „Wenn ich das tue, wird das passieren… aber was ist, wenn es nicht so läuft? Was ist, wenn ich nicht genug Aufrufe bekomme? Was ist, wenn ich kein Geld verdiene?“ Und dann verlieren wir den Blick auf den Moment. Die besten Menschen könnten direkt vor uns stehen, aber wir sind so auf die Zukunft fokussiert, dass wir nicht wahrnehmen, was gerade vor uns passiert – die Lektionen, die wir lernen können, und die Möglichkeit, dass andere von uns profitieren. Mein Rat wäre daher, sich auf das Jetzt zu konzentrieren. Vergiss den Rest. Wenn du Dawa machst, dann mach es einfach aus dem richtigen Grund – nur für die Dawa. Überlass den Rest Allah.
Imran Hussein: 100%. Die schönsten Momente, die ich in der Dawa erlebt habe, waren die, in denen ich das Gefühl hatte, am aufrichtigsten zu sein. Manchmal bedeutet das einfach, an einem regnerischen Tag an einem Dawa-Stand auf der Straße zu stehen, wo niemand vorbeikommt. Wallahi, die Freude, die du in diesen Momenten empfindest, ist unbeschreiblich. Die Erfahrung selbst geht weit über Worte hinaus.
Ein Student: Weil du präsent bist, stimmt’s? Du bist einfach da und denkst nicht an dein Ego.
Imran Hussein: Genau, du machst es aus den richtigen Gründen. Es spielt keine Rolle, ob nur eine Person kommt, niemand kommt oder 100 Personen kommen – du tust einfach deinen Job. Die schlimmsten Erfahrungen, die ich gemacht habe, waren die, in denen ich Videos hochgeladen habe, die 100 000 oder 150 000 Aufrufe bekamen, und trotzdem dachte ich: „Es hätten mehr sein können.“ Das war einfach nichts. In solchen Momenten möchte man nicht sein, es fühlt sich wertlos an.
Und glaubt mir, wenn ihr euch aufrichtig für die Dawa einsetzt, wird Allah euch Erfahrungen und Gefühle schenken, die ihr nicht in Worte fassen könnt. Diese Erfahrungen werden euch mit der Dawa verbinden und euch antreiben. Aber ihr müsst euch selbst im Griff haben.
Pause von der Dawa
Ein Student: Ich habe eine Frage. Wir haben viel über Absicht und Aufrichtigkeit gesprochen. Was tut man, wenn man das Gefühl hat, nicht wirklich aufrichtig zu sein oder die Dawa nicht wirklich zu „fühlen“? Sollte man dann einfach aufhören und versuchen, die Aufrichtigkeit und Motivation wiederzufinden?
Imran Hussein: Es kommt darauf an, Bruder. Es kann Zeiten geben, in denen du eine Pause von der Dawa einlegen musst. Ich spreche hier aus Erfahrung. Die übliche Antwort wäre, dass man trotzdem weitermacht, auch wenn es schwierig wird, weil man weiß, dass Shaytan genau dann versucht, uns vom Guten abzuhalten. Aber manchmal ist es in Ordnung, sich eine kurze Auszeit zu nehmen, um sich neu auszurichten und wieder zu Kräften zu kommen.
Also statt einfach aufzuhören, bete zu Allah, dass er dir Aufrichtigkeit schenkt, und tue dein Bestes. Wenn du merkst, dass du während der Handlung von deiner ursprünglichen Absicht abgewichen bist, bitte Allah um Vergebung.
Manchmal ist es jedoch nötig, dir selbst eine Pause von der Dawa zu gönnen, wenn du dich ausgebrannt fühlst. Das hängt von der jeweiligen Situation ab. Wenn du dich im Allgemeinen gut fühlst, aber an einem bestimmten Tag oder in einer bestimmten Situation abgelenkt bist, dann solltest du trotzdem weitermachen. Mach währenddessen und danach Du’a und bitte Allah, dir bei den Mängeln zu helfen. Wenn du jedoch jahrelang aktiv in der Dawa warst und dich jetzt überfordert fühlst – als wäre es einfach zu viel –, ist es völlig in Ordnung, eine Pause einzulegen. Es schadet nicht, sich eine Auszeit zu nehmen, um wieder zu Kräften zu kommen. Denke daran, dass du auch auf dich selbst achten musst. Wenn du ausgebrannt bist, kannst du anderen nicht mehr effektiv helfen.
Wenn es dir hilft, dir einen Monat oder sogar ein Jahr Zeit zu nehmen, um an dir selbst zu arbeiten, Wissen zu erwerben und deine Beziehung zu Allah zu stärken, dann tue das ohne Bedenken. Fürchte dich nicht davor. Eine der größten Sorgen der Menschen ist: „Was passiert mit meinem YouTube-Kanal? Was wird mit meinen Abonnenten passieren? Werde ich noch relevant sein?“ Aber wen kümmert das? Es spielt keine Rolle. Wenn du eine Pause brauchst, dann nimm sie dir. Doch stelle sicher, dass du mit der richtigen Absicht so schnell wie möglich zurückkommst, denn du weißt, dass es dafür unzählige Belohnungen gibt, wenn Allah es will, und du möchtest das Beste aus dieser Gelegenheit herausholen.
Lass nicht zu, dass diese Pause zu etwas Dauerhaftem wird, bei dem Shaytan dich immer weiter davon überzeugt: „Bleib noch ein Jahr fern… und noch ein weiteres Jahr.“ Bring dich so schnell wie möglich wieder in Ordnung und kehre stärker zurück, um wieder aktiv zu werden, inshaAllah.
Gibt es eine Dawa-Routine?
Ein Student: Hast du persönlich eine bestimmte Routine, der du folgst, bevor du Dawa machst?
Imran Hussein: Persönlich stelle ich mir immer ein paar Schlüsselfragen, wenn ich etwas ansprechen möchte.
Zum Beispiel war ich eine Zeit lang in den sozialen Medien sehr zurückhaltend. Dann tauchte ein bestimmtes Thema auf – das Thema UFOs, Dschinns und ähnliches. Viele Menschen meiden es aus gutem Grund, weil sofort der Eindruck entsteht, dass es etwas „Verschwörerisches“ ist. Doch ich sah eine Möglichkeit für Dawa. Mir fiel auf, dass sich kaum jemand mit diesem Thema auseinandersetzte und dass es eine große Zahl von Nichtmuslimen gab, die daran interessiert waren. Da dachte ich: „Wir können mit diesem Thema effektiv Dawa machen.“ Also entschied ich mich, es anzugehen.
Aber ich stellte mir auch die Fragen: Gibt es wirklich einen Bedarf dafür? Wird das Thema schon von anderen behandelt? Wenn ja, tun sie es gut? Falls ich es nicht besser kann oder es keinen wirklichen Bedarf gibt, wollte ich es nicht tun. Tatsächlich beschäftige ich mich schon seit vier oder fünf Jahren mit diesem Thema, aber erst vor anderthalb Jahren habe ich es öffentlich gemacht, weil ich immer wieder diese Fragen gestellt habe. Ihr solltet also immer solche Überlegungen anstellen und nicht einfach nach dem Prinzip handeln: „Da ist etwas passiert, also muss ich darauf reagieren und es veröffentlichen.“ Das ergibt keinen Sinn.
Also gehe ich voran, und wenn ich merke, dass ich Probleme habe oder mich von meiner Absicht entferne, erinnere ich mich an meine negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Alhamdulillah, diese Erfahrungen sind für mich eine wertvolle Erinnerung. Ich denke daran, was ich durchgemacht habe, wenn ich es nicht richtig gemacht habe, und ich möchte nicht wieder denselben Fehler machen. Dann spreche ich Dua und versuche mein Bestes zu geben. Danach bitte ich Allah um Vergebung – er vergibt alle Fehler, auch die Momente, in denen ich mit meiner Absicht abgedriftet bin. Die Absicht kann sich ständig verändern, sie geht auf und ab. Es geht nicht darum, zu sagen: „Ich fasse meine Absicht heute, im Juli 2024, für die nächsten zehn Jahre!“ So funktioniert das nicht. Du fasst deine Absicht, und dann, zehn Minuten später – vielleicht schauen dich ein paar Brüder an, und du fängst an, anders zu sprechen, andere Argumente zu bringen – deine Absicht kann leicht ins Wanken geraten. Also erinnere dich daran, dich selbst wieder zu fangen: „Allah, vergib mir. Ya Allah, leite diese Person recht. Ya Allah, mach mich aufrichtig.“ Setze deine Da’wah fort.
Ein Student: Der Kampf mit dem Shaytan geht kontinuierlich weiter.
Imran Hussein: Genau. Das wird es. Sobald es sich anfühlt, als gäbe es keinen Kampf mehr, dann weißt du, dass du in Schwierigkeiten steckst. Dann steckst du in großen Schwierigkeiten. Das bedeutet, du hast ein Problem. Solange du diesen Druck, Schmerz und Kampf spürst, ist alles in Ordnung. Es wird manchmal anstrengend sein, das ist klar, denn es hat einen Grund, weshalb Allah bestimmte Menschen für diesen Job ausgewählt hat – als Gesandte, als Propheten. Wir müssen nicht einmal 1% dessen durchmachen, was sie durchgemacht haben! Aber es ist trotzdem nicht einfach. Es ist der beste Job, den die besten Menschen, die je auf dieser Erde gelebt haben, gemacht haben. Und ihnen nachzueifern, wird natürlich eine Herausforderung sein.
Wenn du für ein großes Unternehmen wie Apple oder Samsung arbeiten würdest, wäre das eine angesehene Position, und du würdest stolz darauf sein. Man erwartet von dir, dass du dich auf eine bestimmte Art und Weise verhältst, dass du eine bestimmte Erscheinung hast, dich zu bestimmten Manieren verpflichtest – besonders, wenn du die Person bist, die das Unternehmen nach außen vertritt. Du würdest dich besonders kleiden, dein Verhalten und deine Art würden genau beobachtet werden. Warum soll das bei der Dawa anders sein? Warum vernachlässigen wir unsere Manieren und benehmen uns nicht angemessen? Die Speaker’s Corner ist ein gutes Beispiel dafür. Es gibt Brüder wie Hashim, Hijab, Mansur, Ali – MashaAllah, sie leisten eine großartige Arbeit. Aber dann gibt es auch viele, die nur da sind, um zu diskutieren und Debatten zu gewinnen, um den anderen zu belehren. Das ist keine Dawa!
Dawa erfordert, dass du anständige Manieren hast, dass du sanft und freundlich bist. Sei nicht aggressiv und sprich nicht von oben herab. Du kannst in deiner Position bestimmt auftreten, aber das bedeutet nicht, dass du unhöflich oder herablassend sein musst – das ist ein großer Unterschied. Debatten und Dawa – auch wenn Dawa ein Teil von Debatten sein kann – unterscheiden sich in vielen Aspekten. Denkt daran: In einer Debatte repräsentierst du die gesamte muslimische Gemeinschaft. Menschen schauen auf dich. Muslime mit Zweifeln hören vielleicht zu. Du musst sicherstellen, dass du deine Position klar und bestimmt vertrittst, aber gleichzeitig muss dein Verhalten stets dem muslimischen Charakter entsprechen. Es geht darum, deine Argumente zu präsentieren, aber ohne dabei unhöflich oder abwertend zu wirken.
Auf dein Benehmen kommt es an
Ein Student: Ich habe eine Frage dazu: Sollten wir nicht immer zuerst freundlich sein? Wie Musa (as), der zu Pharao ging und anfangs mit Freundlichkeit sprach, aber später ein wenig Schärfe in seine Worte einfließen ließ. Sollte man nicht, wenn jemand wirklich stur ist, gelegentlich strenger werden?
Imran Hussein: Ja, definitiv – man sollte immer mit Freundlichkeit anfangen. Aber denk an den Kontext: Musa (as) sprach zu Pharao, dem Herrscher einer ganzen Nation. Alle Augen waren auf sie gerichtet, und in diesem speziellen Fall musste er seinen Standpunkt deutlich vertreten. Denk daran, Musa war eine sehr starke Persönlichkeit. Schau dir den Rat an, den Allah ihm gab, bevor Er ihn zu Pharao schickte: „Und so redet mit ihm in sanften Worten” (20:44) Sanfte, freundliche Worte. Allah schickte Musa (as) zu einem der schlimmsten Menschen, die jemals existiert haben, und sagte ihm dennoch: „Sprich sanft zu ihm.” Warum? Allah erklärt uns den Grund: Damit sein Herz möglicherweise der Wahrheit gegenüber aufgeschlossen wird. Das zeigt uns einen wichtigen Punkt: Wenn du freundlich und sanft mit Menschen umgehst, kannst du ihre Herzen gewinnen. Und genau darum geht es – du musst ihre Herzen und ihren Verstand erreichen, nicht sie einfach überwältigen.
Aber es gab auch einen Punkt, an dem Musa (as) erkannte: „Dieser Mann wird nicht zuhören.” Also wandte er sich den Menschen um Pharao zu, denen seine Botschaft vielleicht zugänglich war. Das ist auch eine psychologische Taktik: Du ziehst einer Person die Aufmerksamkeit ab und richtest sie auf andere, die vielleicht empfänglicher sind.
Also ja, es gibt definitiv Situationen, in denen man etwas entschlossener auftreten muss, abhängig von der jeweiligen Situation. Aber in den meisten Fällen, wenn du aufrichtig bist, machst du das nur, um den Menschen zu helfen. Oft ist es so, dass Menschen, die sich selbst als „Ex-Muslime“ bezeichnen, mit einer bestimmten Absicht auf dich zukommen. Einige tun es vielleicht, weil sie damit viel Geld verdienen oder Popularität erlangen wollen. Andere haben möglicherweise traumatische Erlebnisse aus ihrer Kindheit, die sie dem Islam zuschreiben, was in ihnen Bitterkeit und eine gewisse Arroganz erzeugt – besonders bei solchen aus dem Subkontinent. Ich sage das, weil ich aus diesem kulturellen Hintergrund komme. Sie haben oft eine Art Komplex und denken: „Wir sind sehr klug und wissen, wovon wir reden.“
Manchmal muss man dann eben diesen Hochmut brechen. Und die Art und Weise, wie man das macht, besteht darin, ihnen zu zeigen: „Ich weiß mehr als du.” Wenn du ihr Ego auf diese Weise brichst, kann es sein, dass sie weicher werden und du leichter zu ihnen durchdringen kannst. Wenn du bemerkst, dass sich ihre Haltung ändert, musst du deinen Ton anpassen und wieder freundlicher und sanfter mit ihnen sprechen. Dein Ziel ist es nicht, sie noch mehr zu brechen oder streng zu bleiben, sondern subtil vorzugehen, nach dem Motto: „Okay, er hat genug bekommen, es ist ihm zu viel geworden – jetzt sollte ich wieder freundlich und mitfühlend sein.“
Ein Student: Wir beginnen also mit Freundlichkeit, und manchmal kann eine gewisse Strenge notwendig sein, um Menschen zu einem weicheren Verhalten zu führen und sie wieder zu einer freundlicheren Haltung zu bringen. Das Ziel bleibt jedoch immer, freundlich zu sein.
Imran Hussein: Freundlichkeit ist in der Regel der beste Ansatz. Aber es gibt wie gesagt auch Situationen, in denen du merkst: „Okay, ein wenig Strenge ist jetzt nötig“, vor allem, wenn das Ego der anderen Person zu groß ist. Sie denkt vielleicht, sie sei besonders klug, und dann musst du ihr zeigen, dass sie nicht wirklich weiß, wovon sie spricht und du mehr Wissen als sie hast. Und dabei geht es gar nicht darum, sich selbst zu profilieren, sondern vielmehr darum, die Person demütiger zu machen. Und das funktioniert oft. Wenn sie dadurch demütiger wird, kannst du besser zu ihr durchdringen, und wenn du merkst, dass sie sich ändert, solltest du deinen Ton wieder freundlicher gestalten. Wenn sie respektvoll mit dir spricht, sprich auch respektvoll. Du musst nicht immer hart bleiben und sie „brechen“. In den meisten Fällen, etwa in 99 %, ist es am besten, freundlich zu bleiben.
Ein Student: Ein Beispiel, das mir einfällt, ist die Debatte in Südafrika. Zu Beginn war die Diskussion sehr höflich, aber die andere Seite brachte dann merkwürdige und unhöfliche Argumente. Man konnte deutlich sehen, wie sich der Ton von Mohammed Hijab änderte, als sie zunehmend unhöflich wurden.
Imran Hussein: Ja, Hijab beherrscht das wirklich gut. Er ist sehr freundlich, aber wenn es nötig ist, kann er auch den Ton ändern. Es ist wichtig zu wissen, wann man den Gang wechseln muss. Man kann nicht einfach dauerhaft in einem Modus bleiben. Du solltest immer mit der Absicht sprechen, dem anderen zu helfen und den Ton anzupassen, wenn es erforderlich ist. Es geht nicht darum, starr in einem bestimmten Modus zu bleiben, sondern darum, flexibel zu sein und mit dem richtigen Ziel vor Augen zu handeln.
Ich habe oft mit sogenannten Ex-Muslimen gesprochen, die sehr arrogant waren. Aber manchmal, wenn du diese Arroganz aufbrichst und dabei freundlich bleibst, fangen sie an, dir wirklich zuzuhören. Einige von ihnen sind sogar wieder zum Islam zurückgekehrt. Wenn du jedoch immer nur nett bleibst, werden sie vielleicht denken: „Ich habe ihn im Griff. Der weiß nicht, was er tut.“ Das darfst du nicht zulassen. Natürlich erfordert es Weisheit und Erfahrung. Je mehr Menschen du triffst und je mehr Gespräche du führst, desto besser wirst du darin, den richtigen Ton zu treffen.
Eine kurze Geschichte
Ich möchte euch eine kurze Geschichte erzählen: Ein Sheikh hat mir mal von einem armen Mann aus einem Dorf berichtet. Dieser Mann hatte starke Ohrenschmerzen und ging zum Arzt. Der Arzt untersuchte sein Ohr und stellte fest, dass er eine Infektion hatte. Daraufhin verschrieb der Arzt ihm Antibiotika und sagte: „Nimm diese dreimal täglich – morgens, mittags und abends – und in ein paar Tagen wirst du wieder gesund sein.“
Der Mann ging also nach Hause und begann, die Medikamente einzunehmen. Doch am nächsten Morgen kam er wieder zum Arzt und sagte: „Doktor, die Schmerzen sind schlimmer geworden.” Der Arzt dachte, der Mann hätte ihn möglicherweise nicht richtig verstanden, da er ein einfacher Dorfbewohner war. Also erklärte er es ihm noch einmal: „Nimm die Tabletten morgens, mittags und abends ein und gib der Behandlung ein paar Tage Zeit.”
Der Mann ging also wieder nach Hause. Am dritten Tag kam er erneut zum Arzt und sagte: „Doktor, die Schmerzen sind noch schlimmer geworden!“ Der Arzt war überrascht, da die Antibiotika normalerweise nach drei Tagen wirken sollten. Also sagte er: „Lass mich nachsehen.” Der Arzt schaute in sein Ohr – und was fand er dort? Die Antibiotika! Der Mann hatte die Tabletten in sein Ohr gesteckt, anstatt sie richtig einzunehmen.
Die Moral der Geschichte ist: Medizin wirkt nur, wenn sie korrekt angewendet wird. Antibiotika müssen oral eingenommen werden – wenn man sie ins Ohr steckt, wird das Problem nur noch verschärft.
Das war eine sehr kraftvolle Lektion.
Die „Medizin” unserer Botschaft ist wirksam, weil sie die Wahrheit ist. Doch sie kann nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn sie richtig übermittelt wird. Und du bist der Kanal, durch den diese Botschaft weitergegeben wird. Daher musst du sicherstellen, dass du „funktionierst“ – das bedeutet, dass dein Charakter, deine Manieren, dein Auftreten und dein Verhalten in Ordnung sein müssen. Auch dein Wissen muss fundiert sein. Wenn du in all diesen Bereichen auf dem richtigen Weg bist, wird die Botschaft durch dich hindurch die Menschen erreichen, inshaAllah.
Die Propheten waren das beste Beispiel dafür. Sie waren die besten Menschen mit dem besten Charakter. Und es steckt eine Weisheit dahinter: Sie waren perfekt dafür geeignet, die Botschaft zu übermitteln.
Wir müssen an unserem eigenen Charakter arbeiten. Wenn du Menschen unhöflich behandelst, wird deine Botschaft an ihnen vorbeiziehen, selbst wenn du die Wahrheit sprichst. Wenn du jemanden beleidigst oder verärgerst, wird sein Herz verschlossen bleiben. Doch wenn du sein Herz gewinnst und respektvoll auf Augenhöhe mit ihm sprichst, wird er dir zuhören, und die Wahrheit wird ihm verständlich werden.
Oft verlieren wir Menschen aufgrund unserer Strenge, ohne es zu merken – sei es durch unsere Worte oder unser Verhalten. Ein gutes Beispiel dafür ist das sogenannte „Onkel-Phänomen“ in den Moscheen. Ihr wisst schon, wenn neue Muslime in eine Moschee kommen und nie wieder zurückkehren. Wenn du sie fragst, warum, erzählen sie oft von dem gefürchteten „Onkel“ im Wudhu-Bereich. Derjenige, der sie mit einem durchdringenden Blick beobachtet, sie kritisch mustert, während sie sich die Gebetswaschung machen, und sie schließlich zurechtweist oder belehrt.
Das Ergebnis? Der neue Muslim fühlt sich nicht willkommen und zieht sich zurück. Dieses Problem betrifft nicht nur neue Muslime, sondern spiegelt sich auch in unserer allgemeinen Art wider, mit anderen Menschen umzugehen.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern: Menschen vergessen oft, was du gesagt hast, aber sie vergessen nie, wie du sie hast fühlen lassen. Das gilt auch für die Dawa.
Der Prophet ﷺ gab jedem Menschen das Gefühl, dass er für ihn der wichtigste Mensch war. Warum? Weil er dieses Gefühl aktiv vermittelte. Er setzte sich nicht auf einen Thron, sondern mitten unter die Menschen, in ihre Versammlungen. In manchen Fällen suchten Besucher nach ihm und konnten ihn nicht erkennen, weil er einfach zwischen seinen Gefährten saß, ohne sich von ihnen abzuheben.
Diese Lektionen sind wichtig für uns: Das Studium des Lebens des Propheten ﷺ und des Qurans hilft uns, genau diesen Charakter zu entwickeln, der sich direkt auf unsere Dawa auswirkt. Wie ich zu Beginn schon sagte: Die Geschichte von dem Bruder, der kaum Englisch sprechen kann, aber trotzdem viele Menschen zur Shahada führt, zeigt, dass es nicht immer die besten Argumente sind, die zählen. Vielleicht segnet Allah ihn, weil seine Manieren und sein Charakter vollkommen sind.
Habt ihr die Geschichte gehört, die Hamza oft erzählt? Es ist eine wunderschöne und wahre Geschichte, die in Stratford spielte, wo das Olympiastadion steht. Dort war ein Dawa-Stand, an dem ein Bruder stand, der noch relativ neu in der Dawa war. Er hatte nicht viel Wissen, kannte kaum Argumente und sprach wahrscheinlich nicht einmal gut Englisch. Doch er stand einfach da und lächelte.
Eine Frau kam auf ihn zu, nahm das Informationsmaterial, knüllte es zusammen, warf es ihm ins Gesicht, beschimpfte ihn und spuckte ihn an. Die Spucke traf direkt sein Gesicht. Was denkt ihr, was der Bruder in dieser Situation gemacht hat? Was würdet ihr tun? Ich muss ehrlich sagen, die meisten von uns würden wahrscheinlich ausrasten oder zumindest fragen: „Was soll das?“
Aber was tat der Bruder? Er blieb ruhig und lächelte. Er griff in seine Tasche, holte ein Taschentuch heraus, wischte sich das Gesicht ab, zog ein weiteres Taschentuch hervor und reichte es ihr, weil noch Spucke auf ihrem Gesicht war. Sie ging wütend davon. Doch nach ein paar Wochen kam sie zurück zum Stand, nahm die Shahada ab und später heirateten sie sogar.
Aber es ist wirklich erstaunlich, was sein Charakter bewirkt hat und wie er sich verhalten hat. Sie konnte das einfach nicht vergessen. Sie ging zwar wütend davon, aber denkt daran: Wenn jemand dich auf eine sehr schlechte Weise behandelt, erwartet diese Person instinktiv eine Reaktion von dir. Wenn er zurückgeschimpft oder ihr etwas zurückgeworfen hätte, wäre es für sie abgeschlossen gewesen. Sie wäre gegangen und hätte gedacht: „Ja, ich hatte recht damit, diesen bösen Muslim anzuspucken!”
Aber seine Reaktion hat sie völlig aus der Fassung gebracht. Sie konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken: „Warum hat er so reagiert? Was hat ihn dazu gebracht, so ruhig und freundlich zu bleiben?“ Genau das hat sie schließlich wieder zurückgebracht. Deshalb kehrte sie zurück und sagte die Shahada.
Das ist wirklich erstaunlich. Und genau das ist es, was dein Charakter bewirken kann – wie du dich anderen gegenüber verhältst. Dein Verhalten hat die Kraft, Türen zu öffnen, die Worte niemals öffnen könnten.
Abschluss
Ich weiß, dass wir heute über sehr grundlegende Dinge gesprochen haben, aber diese sind die fundamentalen Bausteine für die Dawa. Wenn wir diese richtig umsetzen, habt ihr den größten Teil der Arbeit bereits geschafft, inshaAllah. Falls ihr keine weiteren Fragen habt, können wir für heute abschließen, inshaAllah.
Möge Allah euch segnen. In der nächsten Sitzung werden wir auf die grundlegenden Prinzipien eingehen (GORAP) und darüber sprechen, wie man über diese Themen spricht, inshaAllah.
Möge Allah euch segnen, Brüder. Das war wirklich sehr, sehr bereichernd.
Tags: Dawa